Wenn Kunst und Natur sich begegnen, kommt eine Veranstaltung dabei heraus, die die Gäste am Freitag mit neuem Wissen nach Hause gehen ließ. Zum Abschluss der Bilderausstellung von Barbara Hein-Dadfar in der Bibliothek Scharnhorst, die im Rahmen der von Begegnung VorOrt organisierten Artventswochenenden im Dezember eröffnet wurde, hatte Büchereileiter Andreas Röhr den Förster und Waldpädagogen Winfried Hardes für einen Vortrag über Wölfe eingeladen. Hein-Dadfar zeigte in ihrer Ausstellung drei Bilder von Wölfen. Hardes, der in Grevel wohnt, war bei der Eröffnung dabei und machte mit Röhr den Vortragstermin aus.
Knapp 40 Zuhörer*innen hörten für sie viel bislang Unbekanntes über die Tiere. Sie erfuhren, dass der Wolf in Familien lebt, Rudel genannt, die Eltern stets zusammen mit den Welpen des Vorjahres und dem aktuellen Nachwuchs bleiben, dass das Tier 50 bis 60 Kilometer in der Stunde zurücklegen kann, dass er Gerüche aus 2,5 Kilometer Entfernung wahrnimmt und ein Gesichtsfeld von 250 Grad hat. Der Wolf sei nach dem Mauerfall Ende 1989 wieder in der Lausitz eingewandert und habe sich weiter nach Westen auf den Weg gemacht, so Hardes. 2020 habe es 96 Wolfsnachweise in Nordrhein-Westfalen gegeben. „Der Wolf heult nur zu Kommunikation mit anderen Wölfen“, sagte Hardes, und vor allem nicht den Mond an. Auch falle er keine Menschen an, außer er sei mit Tollwut infiziert, und er schade ebenso wenig dem Rehbestand. Im Gegenteil. „Ein Reh reicht dem Wolf in der Woche“, so Hardes. Weitere Tiere, die er jage, seien Wildschweine, Rotwild und Damhirsche. Statistisch gesehen mache das Schaf lediglich 0,4 Prozent der Nahrung eines Wolfes aus.
Anders als in Schweden, wo 35 Wölfe im ganzen Jahr geschossen werden dürften, sei in Deutschland die Wolfsjagd verboten. Platz habe das Land für 1000 Rudel, das heißt: für 1000 Familien. Der Wolf bevorzuge flaches Gelände. Würde aber dort der Lebensraum zu knapp, gehe er auch in die Berge. Die Wölfe, die in Dörfern und Städten ab und zu gefilmt würden, seien noch junge, neugierige Tiere, die sich gerade von ihrer Familie, also ihrem Rudel getrennt hätten, und ihre Umgebung erkundeten, aber keineswegs auf Menschenjagd seien. Wenn jemand Wölfe durcheinbringen bringe, sei das der Mensch. „Es gibt immer etwas hinterher, wenn der Mensch eingreift“, sagte Hardes.
Er selbst habe noch keinen Wolf in freier Wildbahn gesehen, so der Luchs- und Wolfsberater. Er ist Ansprechpartner beim Regionalforstamt Ruhrgebiet, wenn gerissene Nutztiere gemeldet werden und jemand Wolfsspuren entdeckt hat. Um so viel über die Tiere und ihr Verhalten zu wissen, nahm Hardes an diversen Fortbildungen teil. Was er dort gelernt hat, erzählt er unter anderem in Schulklassen weiter. Dabei immer an seiner Seite ist Hugo, ein ausgestopfter Wolf aus den Beständen der ehemaligen Zeche Hugo in Gelsenkirchen. Hugo war ein europäischer Grauwolf, soll vor 200 Jahren gelebt haben und der letzte im Ruhrgebiet geschossene Wolf sein. Sein damals beim Ausstopfen und Präparieren gut behandeltes Fell lässt jede Hand zucken. So verabschiedet sich auch an diesem Nachmittag fast jeder Gast mit einem Streicheln.